Weniger Bürokratie, mehr Vertrauen - 17.2.25
Von Roland Ray
Der Agrarminister war auf Kurzbesuch in Laupheim und diskutierte mit Vertretern der Landwirtschaft.
LAUPHEIM - Der Minister verspätet sich. So bleibt Zeit, mit dem Tischnachbarn ins Gespräch zu kommen. Er bewirtschaftet 100 Hektar Land bei Neu-Ulm und erzählt, was bäuerlichen Betrieben zu schaffen macht. Aufwand und Ertrag stünden immer weniger in einem vernünftigen Verhältnis zueinander, lautet sein Fazit. Ausufernde Dokumentationspflichten und andere bürokratische Hürden hätten ein gerüttelt Maß Anteil an dieser Entwicklung.
Zu viele Hemmnisse und zu viel Regulatorik beklagt auch Peter Hauk, baden-württembergischer Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Am Montag hat der CDU-Politiker einen Abstecher nach Laupheim gemacht, um sich auf dem Lußhof der Familie Bochtler mit Landwirtinnen und Landwirten auszutauschen.
Die massiven Bauernproteste vor einem Jahr hätten Wirkung gezeigt und einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung herbeigeführt, sagt Hauk. Für bessere Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft braucht es nach seiner Überzeugung indes einen Regierungswechsel in Berlin.
Den Landwirten müsse wieder mehr Vertrauen in ihre fachliche Kompetenz entgegengebracht werden, fordert der Minister. Zugleich gehörten gesetzliche Auflagen, „die allesamt Geld kosten und bürokratischen Aufwand verursachen“, auf den Prüfstand, zumal wenn die Risiken minimal seien. Hauk nennt in diesem Zusammenhang unter anderem den Grundwasser- und Erosionsschutz und Schutzvorkehrungen für Biogasanlagen. „Wir sollten versuchen, die Betriebe zu entlasten“, bekräftigt er.
Entlastung wünscht sich ein Gesprächsteilnehmer am Montag auch bei Investitionen. „Wir sind Weltmeister darin, Baukosten zu produzieren lange vor dem ersten Spatenstich“, kritisiert er. Mehrfach an diesem Abend wird Planungssicherheit angemahnt, nicht zuletzt beim Thema Biogas. Für viele Anlagen läuft die EEG-Förderung in Bälde aus. Das soeben verabschiedete Biomassegesetz sei jedoch „nicht gerade ein Glücksgriff“, urteilt Martina Magg-Riedesser, stellvertretende Vorsitzende des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen.
Peter Hauk wirft der jetzigen Bundesregierung mangelnde Offenheit für die Nutzung von Biomasse vor. Er unterstreicht die Bedeutung dieser Ressource für die Energiewende: sie trage dazu bei, wetter- und tageszeitabhängige Schwankungen der Stromerzeugung aus Sonne und Wind auszugleichen. Die jüngst getroffenen Regelungen seien kompromissbehaftet, „weitere Schritte müssen kommen“.
Was die Gesprächsteilnehmer auf dem Lußhof ebenfalls umtreibt, ist die Sorge, dass die junge Generation angesichts vieler Erschwernisse und Unwägbarkeiten „keinen Bock mehr“ hat, die elterlichen Betriebe weiterzuführen. Ein Grund mehr, die Rahmenbedingungen zu verbessern, insistiert Hauk. Trotz der vergleichsweise günstigen Bedingungen schrumpfe der Milchkuhbestand in Oberschwaben jährlich um ein Prozent, berichtet er. Auch das habe mit fehlender Verlässlichkeit der Politik zu tun.
Für Unruhe sorgt der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg. Mehrere Länder haben den Import von Tieren oder Fleisch aus Deutschland vorerst gestoppt. Der Preis sei „gleich mal um 20 Cent runter“, sagt Martina Magg-Riedesser. Auf Fragen nach dem aktuellen Sachstand muss Peter Hauk passen: „Ich weiß auch nicht mehr.“ Den Marktpreis könne die Politik schlechterdings gestalten, sagt er. Die Position der Erzeuger im Markt aber wolle man stärken.
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"Wir sind Weltmeister darin, Baukosten zu produzieren lange vor dem ersten Spatenstich." Besucher der Veranstaltung
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Ebenfalls ein Thema ist das Freihandelsabkommen, das die Europäische Union mit den sogenannten Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay geschlossen hat. Hiesige Landwirte befürchten Wettbewerbsnachteile wegen ungleicher Produktionsverfahren. Eine Sicherheitslinie greife immer, beruhigt Hauk: Lebensmittelimporte nach Deutschland würden minutiös auf Rückstände untersucht; sind Grenzwerte überschritten, dürfe die Ware nicht eingeführt werden. Mehr als 700 Wirkstoffe hätten die Kontrolleure im Blick.
Apropos Pflanzenschutz: Zulassungsverfahren für neue Mittel dauerten hierzulande „oft viel zu lange“, bedauert Hauk. Das Bestreben müsse deshalb sein, den Prozess deutlich zu vereinfachen. Einmal mehr plädiert der Minister für eine „pragmatische Sichtweise“.