Zwischen Bürokratie und Sägemehl - 26.7.24

Zu dem Treffen bei der Schreinerei Müller waren unter anderem die aus zwei Generationen bestehende Geschäftsführung (links und links vorne), der Innungsobermeister (2.v.r), sowie Bürgermeister Tappeser (rechts) und Thomas Dörflinger (3.v.r.) gekommen.

Selbst dafür, wie sie die Treppe hinuntergehen sollen, gibt es Regeln. Beim Besuch von Thomas Dörflinger schildert ein Schreiner, wie die ewige Bürokratie seine Mitarbeiter bremst.

Von Maike Daub

SCHEMMERHOFEN - Fachkräftemangel, die schwierige Suche nach Nachfolgern, Inflation: Es gibt viele Themen, die Handwerker derzeit beschäftigen könnten. Als Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger zum Auftakt seiner Sommertour die Schreinerei Müller in Schemmerhofen besucht hat, war es aber vor allem eines, das die Schreiner umtrieb: Zu viel Bürokratie.

Dörflinger ist handwerkspolitischer Sprecher der CDU Landtagsfraktion und besucht jedes Jahr im Sommer mehrere Betriebe. In Schemmerhofen erzählte Geschäftsführer Lothar Müller ihm von zu vielen Regelungen für jeden Handgriff – bis hin dazu, dass die Berufsgenossenschaft zum Beispiel vorschreibe, wie sie Treppen laufen sollen. „Eigentlich werden unsere Mitarbeiter ein bisschen als Idioten dargestellt“, sagte Müller. Das Problem: Das bremse Eigeninitiative und Innovation.

Im Grunde seien einige Regelungen gut, schließlich sorgten sie für die Sicherheit der Arbeiter – was man daran sehen könnte, dass das frühere Erkennungsmerkmal eines Schreiners, fehlende Finger, mittlerweile eine Seltenheit geworden sei. Doch es sei einfach zu viel mittlerweile, sagte Müller. Warum etwa solle er jährlich einen Mitarbeiter an einer Maschine unterweisen, die dieser seit 30 Jahren bedient „und das viel besser kann als ich?“

Jeder habe heute Angst, er werde verklagt, schilderte der Laupheimer Schreiner Thomas Bloching, der ebenfalls zu dem Gespräch gekommen war. Früher seien Unfälle eben passiert, heute werde das nicht mehr akzeptiert. Dörflinger spann den Gedanken weiter: „Die erste Frage ist nicht mehr: Was ist passiert?“, sagte er. „Sondern: Wer ist Schuld?“ Das Problem dabei: Um das zu ändern, brauche es einen gesellschaftlichen Wandel, sagte Innungsobermeister Peter Krattenmacher.

Teilnehmer seiner Sommertour sind für Thomas Dörflinger jedes Jahr Praktika in verschiedenen Betrieben. © Fotos: Privat

Auch Vertrauen sei ein Problem. Lothar Müller und seine Mitarbeiter hatten erst kürzlich einen Fall: Nach einer mündlichen Absprache hätten sie mehr Arbeiten ausgeführt als ursprünglich geplant. Als dann die Rechnung kam, sagte der Kunde: Das zahle ich nicht. „Das sind natürlich Schläge ins Gesicht, wenn ein Mensch so handelt“, urteilte Krattenmacher. Beim nächsten Mal mache man also doch wieder mehr Papierkram, mehr Bürokratie und damit mehr Arbeit – was auch teurer ist. „Am Schluss ist das auch Inflation, und zwar gehörige“, sagte er.

Auch Schemmerhofens Bürgermeister Klaus Wilhelm Tappeser gab ein Beispiel zum Thema Verantwortung: Und zwar, dass die große Politik den Kommunen keine zutraue. Etwa, wenn es um neue Gewerbegebiete gehe. Dafür müssten sie zuerst einen Bedarf nachweisen, aber welcher Betrieb könne schon sagen, ob er den in fünf Jahren haben werde? „Wir sind in der Pflicht, unseren heimischen Unternehmen Entwicklungsraum zu geben“, so Tappeser. „Auf der anderen Seite haben wir die Möglichkeiten nicht, weil man uns diese Eigenverantwortung nicht zutraut.“

Mit Forderungen nach weniger Bürokratie würden die Handwerker und ihre Verbände bei ihm offene Türen einrennen, stellte Dörflinger schließlich klar. Vieles sei auch schon in Arbeit, „aber es ist eine Daueraufgabe“. Wenn die Politik in Zukunft wieder mehr auf Eigenverantwortung setze, müsse das auch umsetzbar sein. „Leben bedeutet auch Risiko“, sagte er. „Man kann nicht alles absichern.“ Er setze viel Hoffnung in Initiativen wie die „Entlastungsallianz“, die seit November an Lösungen zur Vereinfachung arbeitet. Dabei sind nicht nur Politiker, sondern zum Beispiel auch Handwerker involviert.

© Schwäbische Zeitung, Ausgabe Biberach vom 26.7.2024

© 2024 Thomas Dörflinger MdL

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