Straßenbau im Schneckentempo - 27.3.23

Zu wenige Planer, zu komplizierte Verfahren - CDU legt Änderungsvorschläge vor

Bis eine Straße neu gebaut werden kann, braucht es aufwändige Genehmigungsverfahren. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Von Ulrich Mendelin
Ravensburg

Der CDU geht es beim Straßenbau in Baden-Württemberg nicht schnell genug. Die Landtagsfraktion hat nun ein Maßnahmenbündel vorgestellt, das auch Bauprojekten in der Region auf die Sprünge helfen soll. Der grüne Koalitionspartner reagiert zurückhaltend. „Wir kommen überhaupt nicht voran“, sagt der CDU-Verkehrsexperte Thomas Dörflinger zum Aus- und Neubau von Straßen, „alles dauert viel zu lang.“ Gemeinsam mit Kollegen seiner Fraktion hat der Abgeordnete aus Biberach ein Positionspapier geschrieben, wie es besser gehen könnte. Ein Patentrezept, räumt Dörflinger ein, gebe es nicht. Stattdessen machen er und seine Kollegen eine ganze Reihe von Vorschlägen.

Fachkräftemangel:

Allein beim Regierungspräsidium (RP) Tübingen ist im Bereich Neubau, Ausbau und Erhalt von Straßen etwa jede fünfte Stelle nicht besetzt. Auch vom baden-württembergischen Landkreistag heißt es: „In der kommunalen Praxis wird es immer schwieriger, frei werdende Stellen adäquat zu besetzen.“ Eine Vergabe der Planung an private Anbieter ist oft auch keine Alternative: „Bei den Planungsbüros sind teilweise die personellen Kapazitäten so knapp, dass bei manchen Aufträgen, die das RP Tübingen vergeben möchte, keine Büros Angebote abgeben“, berichtet RP-Sprecherin Katrin Rochner. Die CDU wirbt daher für höhere Einstiegsgehälter, mehr Aufstiegsmöglichkeiten und ein „modernes, volldigitales Arbeitsumfeld“.

Genehmigungsverfahren:

Die CDU will bei „Maßnahmen von überragender Bedeutung“ die sogenannte Legalplanung ermöglichen. Das heißt, der Landtag beschließt ein Bauprojekt per Gesetz. Es bekäme damit eine stärkere Dringlichkeit. Überragende Bedeutung hat aus Dörflingers Sicht etwa der Ausbau des Albaufstiegs an der A 8. In anderen Fällen soll der Regelfall nicht mehr wie bisher ein Planfeststellungsverfahren sein, sondern die weniger aufwendige Plangenehmigung. Diese gibt es in unstrittigen Fällen schon heute. Dabei wird unter anderem auf ein Anhörungsverfahren verzichtet. Betroffene können dann ihre Interessen, zum Beispiel als Grundstückseigentümer, nicht geltend machen, heißt es vom RP Tübingen. Aus diesem Grund scheidet das Verfahren aber bislang häufig aus, sagt die RP-Sprecherin.

Manche Bauvorhaben hätte die CDU gern ganz genehmigungsfrei. Als Beispiel nennt Dörflinger den anstehenden Ersatz zweier Brücken an der B 30 bei Hochdorf im Kreis Biberach. Die Bauwerke müssen abgerissen und an derselben Stelle neu gebaut werden. Es drohen zweieinhalb Jahre Umleitungsverkehr durch Dörfer, die davon schwer belastet würden. Würde man die neue Brücke jeweils neben der alten Brücke bauen und diese erst anschließend abreißen, könnte der Verkehr ungehindert fließen. Es wäre aber ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren nötig. Um das zu vermeiden, bleibt als Option der Ersatzneubau an derselben Stelle wie die alte Brücke - jahrelange Umleitung inklusive. Hochdorf ist dabei kein Einzelfall: Deutschlandweit müssen Brücken saniert oder ersetzt werden.

Rechtssicherheit:

Die CDU fordert eine Stichtagsregelung bei Planungsvorhaben. Dann müssten gesetzliche Verschärfungen, etwa bei Lärm- oder Artenschutz, bei Emissionen oder Baustoffen, in laufenden Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Bisher ist das noch der Fall. „Manche Planungen werden so auf Null gesetzt“, beklagt CDU-Mann Dörflinger. Der Ausbau der B 312 zwischen Biberach und Memmingen sei auf diese Weise stark zurückgeworfen worden.

Öffentlichkeitsbeteiligung:

Die ist bei Straßenbauprojekten vorgeschrieben, müsste aber nach vorne verlagert werden, findet Tim Bückner, CDU-Abgeordneter aus dem Ostalbkreis. Er denkt dabei auch an den Neubau der B 29 zwischen Aalen und Nördlingen, der erst in einigen Jahren ansteht. Klar sei zwar, dass es eine weite Umfahrung von Bopfingen und anderen Orten geben solle, so Bückner - aber nicht, ob diese nördlich am Ipf entlang oder südlich durchs Härtsfeld geführt werde: „Da wird es große Interessenunterschiede geben, eine frühe Bürgerbeteiligung wäre angebracht.“

Geld:

Grün-Schwarz hat vereinbart, dass das meiste Geld in den Erhalt bestehender Straßen fließen soll, nicht in den Aus- und Neubau. In Zahlen: Für Erhalt und Sanierung stehen dieses Jahr gut 400 Millionen Euro bereit: 165 Millionen Euro für Landesstraßen und 236 Millionen Euro, die der Bund für den Erhalt von Bundesstraßen im Südwesten zahlt. Davon werden 250 Projekte finanziert, vom Brückenneubau an der B 32 bei Wangen-Herfatz bis zur Erneuerung der Fahrbahndecke zwischen Waxheim und Wört auf der Ostalb. Für neue Ortsumfahrungen sowie den Aus- und Neubau von Landesstraßen gibt das Land in diesem und nächstem Jahr je 45,5 Millionen Euro. Hinzu kommt Geld, das das Land den Kommunen für deren Straßenbauvorhaben gibt. 2022 wurden dafür gut 120 Millionen Euro bewilligt, tatsächlich ausgezahlt wurden aber nur 25,8 Millionen Euro - wohl, weil Bauarbeiten dann doch noch aufgeschoben wurden. Die Summe für dieses Jahr ist noch unbekannt.

Die CDU will sich dafür einsetzen, das Geld auch für den Neubau von Straßen dauerhaft „aufwachsen zu lassen“, denn ein dichtes Straßennetz sei „Lebensader“ für Menschen, Wirtschaft und Kommunen. Der Koalitionspartner reagiert skeptisch: „Im Koalitionsvertrag haben wir mit der CDU vereinbart, dass wir uns erst einmal um die Arterienverkalkung und Bypass-Operationen kümmern, bevor wir neue Lebensadern schaffen“, sagt Grünen-Verkehrsexpertin Silke Gericke.

Dagegen drängt die oppositionelle FDP auf noch mehr Tempo: „Als Regierungsfraktion im Land hätte die CDU bei den Haushaltsberatungen die wichtigen und richtigen Anträge stellen können“, so der FDP-Abgeordnete Christian Jung. Das CDU-Positionspapier sei ein „Feigenblatt“.

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Biberach vom 27.3.2023

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