Die Herausforderungen dörflicher Nahversorgung - 18.10.23

Ein Jahr Tante-M-Laden in Schönebürg - Landtagsabgeordneter Dörflinger sieht Politik in der Pflicht

Vertreter aus Kommunal-, Landes- und Bundespolitik informieren sich über die Geschäfte des Schönebürger Tante-M-Ladens (von links): Josef Rief (CDU-Bundestagsabgeordneter), Bürgermeister Wolfgang Späth, Thomas Dörflinger (CDU-Landtagsabgeordneter), Stefanie Schrapp, Stefan Schrapp und Paula Scheffold (Ortsvorsteherin von Schönebürg). Foto: Bernd Baur

Von Bernd Baur

Schönebürg - Seit einem Jahr bietet der Tante-M-Laden in Schönebürg als Nahversorger tägliches autonomes Einkaufen fast rund um die Uhr an. Betreiber Stefan Schrapp bezeichnet das Konzept mit diesen Öffnungszeiten als zukunftsträchtig, die Umsätze in seinem Schönebürger Laden müssten zur langfristigen Existenzsicherung jedoch höher sein. Diese mit gewissen Sorgenfalten versehene Bilanz erläuterte Stefan Schrapp den beiden CDU-Politikern Josef Rief (Bundestag) und Thomas Dörflinger (Landtag) bei einem Besuch im Tante-M-Laden.

Der Standort des Tante-M-Ladens in Schönebürg ist eigentlich perfekt. Direkt an der Straße, wenige Meter vom Kreuzungsbereich entfernt, der den hochfrequentierten Verkehr in die vier Hauptrichtungen nach Schwendi, Laupheim, Biberach und Ochsenhausen verteilt. „Ich muss fast keine Werbung machen“, beleuchtet Stefan Schrapp die Vorteile dieser Lage. In Kombination mit den Öffnungszeiten und des Konzeptes also eine gute Basis für das Geschäft.

Nach einem Jahr Marktpräsenz kann Stefan Schrapp, der den Tante-M-Laden als Franchise-Nehmer betreibt, auch zahlenmäßig eine Bilanz ziehen. Im Durchschnitt etwa 100 Kunden pro Tag kommen in seinen Schönebürger Laden. Davon erledigen jedoch 95 Prozent nur Kleinstkäufe, „es gibt wenige Stammkunden“. Am meisten Umsatz mache der Laden am Sonntag. Etwa das Zweifache eines normalen Tages wird hier umgesetzt. Stefan Schrapp hat dabei festgestellt, dass am Sonntag die Kunden zum Einkauf auch von weiter nach Schönebürg kommen.

Ohnehin sei es so, dass er nur von der Kundschaft aus Schönebürg nicht leben könnte. Der 36-jährige zweifache Familienvater, der in Vöhringen wohnt, hat inzwischen in Au bei Illertissen einen weiteren Tante-M-Laden eröffnet. Dessen zusätzlicher Umsatz lässt für den Unternehmer insgesamt aber die Bäume nicht in den Himmel wachsen. „Wir können uns gerade so über Wasser halten“, erklärt Schrapp.

Für den Laden in Schönebürg rechnet der Unternehmer vor: 75 Prozent des monatlichen Umsatzes muss er für den Kauf der Waren ausgeben. Mit den restlichen 25 Prozent bestreitet Schrapp unter anderem die Ausgaben für die Ladenmiete, für den Strom und für eine teilzeitbeschäftigte Person, die beim Einräumen und Auffüllen der Regale hilft, wenn die Neuware zwei Mal pro Woche angeliefert wird. „Zusammen mit meiner Frau und dieser Angestellten kommen wir auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden“, sagt Schrapp.

Nach Abzug aller Ausgaben sollte für seine Familie auch noch Geld zum Leben übrig bleiben, meint Stefan Schrapp. Ihn ärgert, dass es offenbar doch einige unehrliche Zeitgenossen gibt, die es mit der Zahlungsmoral beim autonomen Einkauf nicht sonderlich genau nehmen. So werfen manche weniger Geld in den Tresor, als es dem Preis der Ware entspricht. Auch wird so mancher Artikel nicht über den Scanner gezogen und somit nicht erfasst. Zudem komme es immer wieder vor, dass Falschgeld im Kassentresor lande, berichtet Schrapp. Er geht von fünf Prozent schwarzen Schafen aus, die letztlich seinen Gewinn schmälern. „In anderen Geschäften ist dies wahrscheinlich ebenso“, vermutet er.

Deshalb die Flinte ins Korn werfen will der 36-Jährige nicht. „Ich bekomme auch viel positives Feedback“, freut er sich. Seit einem Jahr sei er nun Unternehmer mit dem Tante-M-Laden in Schönebürg. „Das muss auch erst einmal richtig anlaufen“, spricht die Zuversicht aus Stefan Schrapp. Das Konzept mit den langen Öffnungszeiten - pro Tag 18 Stunden, dies an 365 Tagen im Jahr - hält er für zukunftsträchtig. Weil die Margen für den Nahversorger so gering sind, sei jedoch jede Stellschraube wichtig, mit der er Verbesserungen erzielen kann. So sind Backwaren das Zugpferd im Schönebürger Laden, ein Drittel des Monatsumsatzes generiert der Laden damit. Schrapp hat darauf reagiert und mittlerweile ein zweites Backregal aufgebaut. „Ich investiere schon, aber mit Maß.“

Die Aufrechterhaltung der Grundversorgung in einem Ort wie Schönebürg scheint vielen Menschen wichtig. „Dann muss die Bevölkerung verstehen, dass der Laden nur zu halten ist, wenn man selber dort einkauft“, folgert Bürgermeister Wolfgang Späth und er ergänzt: „Wenn dieses Konzept des Tante-M-Ladens nicht funktioniert, dann gibt es nichts mehr in der Ortschaft.“ So sieht es auch Ortsvorsteherin Paula Scheffold. Beim Bau des Gebäudes an der Ochsenhausener Straße hatte der damalige Besitzer Fördergelder aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum erhalten. Doch Scheffold erinnerte daran, dass die Ladenräume vor der Tante-M-Eröffnung zuletzt ein Jahr leer standen. Davor hatten teils innerhalb kurzer Zeit die Ladenbetreiber gewechselt - insgesamt fünf Mal. „Insofern ist dies jetzt die einzige Möglichkeit für die kleine Ortschaft“, urteilt die Ortsvorsteherin und hofft auf die weitere Existenz des Ladens. Nicht zuletzt auch deshalb, „weil es ein sozialer Treffpunkt für das Dorf ist“. Was die Zukunft der kleinen Dorfläden anbelangt, sehe er sich und die Landespolitik in der Verantwortung, um hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, erklärt der Landesabgeordnete Thomas Dörflinger beim Besuch in Schönebürg. Er drücke fest die Daumen. „Es wäre schade, wenn der Laden schließen würde“, so Dörflinger vor Ort. Das Verkaufsverbot an Sonntagen sei immer wieder ein Thema, meint er mit Blick auf die Öffnungszeiten. „Dieses Geschäftsmodell des Tante-M-Ladens steht und fällt mit der Einkaufsmöglichkeit am Sonntag, ein Verkaufsverbot an diesem Tag wäre fatal“, sagte der CDU-Landespolitiker.

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Laupheim vom 18.10.2023

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