Schwierige Zeiten in der Landwirtschaft - 21.8.21

Landwirte aus der Region schildern gegenwärtige Herausforderungen für ihre Branche

Landwirt Bernhard Wiest (links) hat CDU-Politiker Thomas Dörflinger (rechts) auf seinen Schweinehof nach Schönebürg eingeladen. (Foto: Privat)

Von Simon Schwörer
Schönebürg


Rund 10 000 Schweine produziert Bernhard Wiest im Jahr. Auf seinem Hof in Schönebürg betreibt der Landwirt eine Schweinezucht und eine Schweinemast. Zusätzlich pflanzt er Getreide an, das er seinen Tieren füttert. Doch Wiest macht sich Sorgen um den Fleischpreis. Seit Ende 2019 sei der für das Kilogramm Fleisch stetig gesunken, von rund zwei Euro auf mittlerweile 1,30 Euro. Um diese und weitere Herausforderungen für die heimische Landwirtschaft zu diskutieren, hat Wiest Verantwortliche des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen sowie den Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger (CDU) auf seinen Hof geladen.

Während Dörflinger versprach, die Anliegen der Landwirte in die Politik weitertragen zu wollen, verdeutlichte Karl Endriß, Kreisobmann des Bauernverbands, ein solches Jahr wie das laufende sei noch nie dagewesen. „Die Ernte ist zäh dieses Jahr.“ Zudem habe der Schlachtschweinepreis erneut abgeschlagen.

Endriß brachte auch den Gesellschaftsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung ins Gespräch. Denn im Koalitionsvertrag der beiden Parteien ist beschrieben, dass ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen werden soll zwischen Landwirtschaft, Verbraucherinnen und Verbrauchern, Naturschutz und Handel. Dadurch solle Naturschutz und Landwirtschaft zusammengebracht und für faire Preise, Tierschutz und nachhaltig produzierte Lebensmittel gesorgt werden. Endriß berief sich auf das Schlagwort Nachhaltigkeit: „Die Nachhaltigkeit fängt beim Erzeuger an. Der soll nachhaltig erzeugen, also wirtschaftlich überleben können.“ Ein Gesellschaftsvertrag müsse das einfordern.

Auch der Bauernverband stehe dahinter, stärker in Tierwohl zu investieren. „Es muss aber auch finanziert werden“, sagte Endriß. Zwar habe der Discounter Aldi jüngst erklärt, in den kommenden Jahren nur noch auf höhere Haltungsstufen beim Frischfleisch setzen zu wollen. Doch laut Endriß gibt es im Einkauf weiterhin ein Preis-Dumping. Ulrich Hiller vom Kreisbauernverband ergänzte: „Die Mehrkosten werden auf die Landwirte abgewälzt.“ Dadurch passiert laut Endriß Folgendes: „Die Betriebe schaffen nur Tierwohl zum Nulltarif. Das Erwachen kommt, wenn wir dann Marktanteile verlieren.“

Denn wenn in Deutschland das Fleisch-Niveau steige, müsse das auch auf Produkte aus dem Ausland angewandt werden: „Wenn ein dänisches Ferkel nach Deutschland kommt, müssen dieselben Anforderungen gelten. Sonst herrscht keine Waffengleichheit.“ Dafür habe die Politik zu sorgen.

Dörflinger sagte: „Es ist Aufgabe des Landes, auf die großen Lebensmitteleinzelhändler einzuwirken, dass Produkte, die unsere Kriterien nicht erfüllen, auch nicht in die Regale kommen.“ Allerdings habe man keine großen Sanktionsmöglichkeiten. Dörflinger erklärte, beim Gesellschaftsvertrag sei es darum wichtig, die verschiedenen Interessen zusammenzubringen. Denn: „Die landwirtschaftlichen Betriebe brauchen eine Zukunftsperspektive.“ Die Zahl der Schweinemastbetriebe in Baden-Württemberg sinke stetig. „Das ist ein Signal“, sagte der CDU-Politiker.

Gründe aufzuhören seien für kleinere Familienbetriebe neben geringen Erträgen auch wachsende Anforderungen an die Landwirtschaft, berichtete Endriß. Wie Hiller ergänzte, fehle es zudem vielen Betrieben trotz staatlicher Förderung für Umbaumaßnahmen für besseres Tierwohl oft schon am nötigen Eigenkapital. „Und wenn ich ein Darlehen bei der Bank hole, bin ich unsicher, ob die Maßnahmen in den kommenden Jahren nicht noch mal strenger werden.“ Auch Wiest bekräftigte: „Ein Umbau muss sich nach vier bis fünf Jahren rechnen, nicht nach 20.“

Ein weiteres Thema, das die Landwirte im Gespräch mit Dörflinger bewegte, war die Afrikanische Schweine Pest (ASP). Dass das Virus weit weg sei, sei ein Trugschluss, verdeutlichte Endriß. Die Gefahr sei da. „Und wenn es hier einen Befall gibt, werden die Tiere im ganzen Gebiet gekeult und in einem Drei-Kilometer-Radius Zäune aufgestellt.“ Spätestens dann betreffe das sogar Jogger oder Spaziergänger, erklärte die stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Martina Magg-Riedesser. Diese Vorstellung belaste die Betriebe.

Übertragen werden könne das für den Menschen ungefährliche Virus über direkten Kontakt. Etwa durch ein weggeworfenes Wurstbrot mit Rohwurst, das dann von einem Wild- oder Hausschwein gefressen werde. „Es gibt da Ängste bei den Bauern“, sagte Endriß. Wiest bekräftigte: „Wir wollen nicht überrannt werden. Man sollte darum lieber vorher die Zahl der Wildschweine dezimieren.“ Es gehe um Vorbeugung. Auch Hiller sagte: „Prävention ist da das Maß aller Dinge.“

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Biberach vom 22.8.2021

Fotos von Burkhard Volkholz (8)/Philipp Wiest (2)

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