Politische Botschaft aufs Gleis gesetzt - 17.11.21

„Schienengipfel“ zur Zukunft der Donautalbahn soll Land für den Investitionsstau auf der Strecke sensibilisieren

Ein Zug der Donautalbahn fährt in den Bahnhof ein. Foto: ksc

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Riedlingen


Im Vorfeld blieb es still um die Zusammenkunft zahlreicher Bürgermeister, Abgeordneter der Region, Vertreter des Landkreises und der Hausleitung des Landesverkehrsministeriums am vergangenen Samstag im Riedlinger Rathaus. Doch nun soll die ganze Region des westlichen Landkreises Biberach sich durchaus vernehmbar für eine baldige Erneuerung der Bahnstrecke zwischen Ulm und Sigmaringen einsetzen. Der sogenannte „Schienengipfel“ plädiert einstimmig für einen Ausbau und die Modernisierung der Donautalbahn.

Der Initiator des ersten Treffens, an dem auch der Verein Regio-S-Bahn Donau-Iller teilnahm, war der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger, stellvertretender Fraktionschef und verkehrspolitischer Sprecher. „Die Intention dieses ersten Schienengipfels war es, die Interessen des westlichen Landkreises mit Blick auf die Donautalbahn gegenüber dem Land zu artikulieren. Es war vor allem eine politische Botschaft an das Verkehrsministerium. Wir haben klargemacht, was der westliche Landkreis vom Land will“, sagt er der SZ. „Das Bemerkenswerte ist: Das Land hat das verstanden. Es hat fest zugesagt, etwas zu tun, sobald das Gutachten vorliegt.“ Diese vom Verkehrsministerium im Spätsommer in Auftrag gegebene Untersuchung soll prüfen, ob die Donautalbahn elektrifiziert werden soll. Zugleich stellt sich die Frage, ob in Zukunft Züge entweder mit Wasserstoffantrieb durch die Landschaft fahren oder mit Elektromotoren die Donau entlangrollen werden. Die neuen Züge sollen 2027 in Betrieb genommen werden.

Gleichwohl wurden bei dem „Schienengipfel“ weder über Einzelaspekte entschieden noch konkrete Projektziele benannt. Auch einen Zeitplan mit Forderungen gibt es nicht. „Wir haben nicht mit Druck gearbeitet, sondern haben überzeugt“, rechtfertigt Dörflinger sein Vorgehen. Für ihn sei entscheidend, das Land als Auftraggeber für die gewünschten Investitionen zu gewinnen. Erst dann komme die Deutsche Bahn ins Spiel. Nach Vorliegen des Gutachtens, dessen Fertigstellung im kommenden Jahr erwartet wird, stehe der zweite Schienengipfel an. Anschließend werde um Details gerungen.

Doch genau die täglichen Komplikationen um Konkretes nerven Anrainer und Bürger: Am Dienstagmittag rumpelte der mit Diesel betriebene Donaubahn-Zug Richtung Ulm gemächlich über das alte Gleis und traf wieder einmal mit Verspätung im Riedlinger Bahnhof ein. Darüber hinaus kämpft Ertingens Bürgermeister Jürgen Köhler bereits seit längerer Zeit um eine Haltestelle der Donautalbahn in seiner Gemeinde. Im vergangenen Juni äußerte er öffentlich seinen Unmut über die Entscheidung der Deutschen Bahn, die Neigetechnik in Zügen nicht mehr einzusetzen. Dadurch können die Waggons mit Triebwagen nicht mehr so schnell auf der Strecke fahren. Ein zusätzlicher Stopp würde nun den Zeitplan durcheinanderbringen. Die kurz bevorstehende Zusage für den Bahnhalt in Ertingen war plötzlich wieder obsolet. Jetzt könnte sich das erhoffte Projekt Bahnhof Ertingen, das auch wichtig für die Umlandgemeinden ist, in recht ferne Zukunft rücken. Doch Köhler sieht noch einen Hoffnungsschimmer: Noch vor dem Jahre 2027 könnte sich etwas bewegen. „Wenn das Gutachten hergibt, dass beispielsweise die Teilstrecke Herbertingen-Mengen bald saniert werden muss, könnte der Halt gegebenenfalls mit einem Zweitgleis in den nächsten Jahren gebaut werden.“

Auch Riedlingens Bürgermeister Marcus Schafft hat sich jüngst echauffiert, es sei ganz schwierig, mit Vertretern der Bahn in Kontakt zu kommen, um bestimmte Themen und Missstände hinsichtlich der Donautalbahn zu diskutieren. Auf Anfrage dieser Zeitung teilt Marcus Schafft mit, das Ziel der Stadtverwaltung sei es, dass Riedlingen auch Haltestelle für die geplante Region-S-Bahn werde. „Riedlingen will den Park and Rail-Platz, die Fuß- und Radbrücke über die Gleise und die Gleisanpassung nach Abstimmung der Rahmenbedingungen bis zur Gartenschau realisiert haben.“

Ungeachtet des gemächlichen Planungstempos sind die Teilnehmer des Schienengipfels zunächst glücklich, einstimmige Unterstützung innerhalb der Region für das Modernisierungsvorhaben der Donautalbahn erzielt zu haben. „Die erfolgreiche Elektrifizierung der Südbahn hat zügig funktioniert, weil das Thema von den Gemeinden, Städten und Landkreisen von unten geschoben wurde. Dort ist man gemeinsam in Vorleistung gegangen“, sagt Thomas Dörflinger. Für ihn sei das ein mustergültiges Vorgehen gewesen, das Erfolg verspreche. Genau deshalb sei es am Anfang so wichtig, zu einem Konsens aller Beteiligten zu kommen. Sogar Ertingens Bürgermeister schätzt das als wichtiges politisches Signal an das Verkehrsministerium, wenngleich er auf Tempo bei der Planung pocht und idealerweise auf eine komplette Elektrifizierung der Donaustrecke hofft. „Der Schienenverkehr sollte bei uns im ländlichen Raum ein große Rolle spielen“, meint er. Mit einem Auge schielt Köhler nach Bayern und stellt fest, „auf der Strecke Lindau-Augsburg bekommt jeder Weiler einen Bahnhalt“. Da tickten die Uhren im Ländle langsamer. „Bayern baut und Baden-Württemberg plant noch.“

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Riedlingen vom 17.11.2021

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