"Das Schlimmste ist, keine Perspektive zu haben" - 12.6.21

Judith Apel ist selbstständig - während der Pandemie ist das eine Herausforderung

Der Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger (CDU) hat Judith Apel, Inhaberin des Ladens „Stitch & Glory“, besucht und mit ihr über die Herausforderungen für Einzelhändler in der Pandemie gesprochen. (Foto: Helen Belz)

Von Helen Belz

Laupheim - Judith Apel ist Inhaberin des Ladens „Stitch & Glory“ in Laupheim. Normalerweise tummeln sich bei ihr handarbeitsbegeisterte Kunden und Kundinnen, denn sie verkauft Stoffe, Wolle und Nähzubehör aller Art. Während der Pandemie ist das natürlich nicht der Fall - die 34-Jährige hat sich zwischendurch ernsthafte Sorgen um ihren Laden gemacht.


„Das Nähen habe ich schon vor 25 Jahren als Kind für mich entdeckt“, sagt Judith Apel. Ihr Hobby zum Beruf zu machen, war deshalb schon immer ein Traum von ihr. 2013 war es dann soweit: Im Haus ihrer Eltern hat sie ihren eigenen Laden eröffnet. 2018 hat sie die großen Geschäftsräume in Laupheim entdeckt und ist umgezogen, seitdem führt sie den Laden hauptberuflich. „Ich konnte sogar eine Aushilfe einstellen“, sagt die 34-Jährige. Vor der Pandemie lief der Laden so gut, dass sie davon leben konnte.


Dann der Schock: der erste Lockdown. Von heute auf morgen musste Apel ihren Laden schließen - wie viele andere Einzelhändler in ganz Deutschland. „Über den Sommer lief es dann wieder richtig gut, da haben wir etwa 4000 Masken genäht“, erinnert sie sich. Dann kam der zweite Lockdown, der Apel noch schlimmer traf als der erste. Denn nicht nur das Finanzielle beunruhigte sie: „Das Schlimmste ist, keine Perspektive zu haben“, sagt sie. Die Unsicherheit, wann und ob sie ihren Laden wieder öffnen kann, war ihre stete Begleiterin. „Die Zahlen gingen zunächst ja auch überhaupt nicht runter. Ich dachte wirklich, ich muss den Laden für immer schließen“, sagt Apel. Auch jetzt, wo sie wieder geöffnet hat, hat sie Angst, im Herbst wieder schließen zu müssen. „Ich habe all meine Rücklagen aufgebraucht. Ein weiterer Lockdown wäre für mich ein Genickbruch“, sagt sie.


Ihre Sorgen sind ernst. Sie weiß nicht weiter und wendet sich an den Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger (CDU), der mit ihr telefoniert und sie am vergangenen Donnerstag auch persönlich besucht. „Der Hilferuf ist natürlich total berechtigt. So wie Ihnen geht es im Moment vielen Selbstständigen“, sagt Dörflinger. Er ist aber positiv gestimmt, was die Zukunft angeht. „Mit jedem Tag werden mehr Leute geimpft. Ich bin zuversichtlich, dass wir so einen weiteren Lockdown im Herbst vermeiden können“, sagt der Politiker.


Das beruhigt Judith Apel. Denn eigentlich könnte die Situation so viel schöner sein: „Viele Leute haben durch die Pandemie das Nähen oder Stricken entdeckt“, sagt sie. Das Hobby liege also voll im Trend. „Manche haben auch beim Maskennähen im vergangenen Sommer entdeckt, dass Nähen echt Spaß macht“, sagt die 34-Jährige. Dadurch seien sie dabeigeblieben und versuchen sich nun beispielsweise daran, Klamotten zu nähen. Im ersten Lockdown habe ihre Werbeagentur ihr einen Online-Shop programmiert, der seitdem auch gut läuft. „Da kommen auch Bestellungen aus ganz Deutschland rein“, sagt sie. Den Online-Shop will sie auch nach der Pandemie behalten.


Trotz dieser guten Zeichen ist Apel nur „vorsichtig optimistisch“, wie sie selbst sagt. „Mein Laden lebt davon, dass die Leute reinkommen und sich die Stoffe anschauen und anfassen“, sagt sie. Selbst genähte Kleidung beispielsweise solle ja nicht nur toll aussehen, sondern sich auch so anfühlen. Eine komplette Schließung würde diese Erfahrung zunichte machen. „Außerdem muss ich jetzt schon meine Ware für den Winter bestellen“, sagt Apel. Dann auf ihrer Ware sitzen zu bleiben, könne sie sich kein zweites Mal leisten. Zumal das Hauptgeschäft im Winter stattfinde. „Nur dann schaffe ich es, Rücklagen zu bilden“, sagt sie.


Dass Thomas Dörflinger sich ihre Sorgen anhört und ihr Mut macht, findet die 34-Jährige sehr gut. „Das war wirklich beruhigend“, sagt sie nach dem Besuch des Politikers. Sie selbst beschreibt sich als sehr positiven Menschen, trotz der ganzen Ängste, die sie durchstehen muss. „Es ist wichtig, nicht den Kopf in den Sand zu stecken“, sagt sie. Das würde sie auch anderen Selbstständigen raten. Von nun an könne es eigentlich nur noch besser werden, meint sie. Zumindest will sie dafür kämpfen, dass sie ihren Laden weiterhin für ihre Kunden geöffnet lassen darf. „Ich habe keinen Plan B. In dem Laden steckt mein Herzblut, er ist mein Baby. Ich will ihn unbedingt behalten!“

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Laupheim vom 11.06.2021

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