Eine Begegnungsstätte für Jung und Alt - 13.10.20
Landtagsabgeordneter Dörflinger staunt über innovative Projekte in den Federseegemeinden
Von Annette Schwarz
Seekirch - Seinen Besuch in den vier Federseegemeinden Alleshausen, Oggelshausen, Seekirch und Tiefenbach hat Thomas Dörflinger schon vor einiger Zeit geplant - doch immer wieder kam Corona in die Quere. Nun konnte der Gemeindebesuch des CDU-Landtagsabgeordneten endlich nachgeholt werden, wenn auch - wegen der erneut steigenden Fallzahlen - in abgespeckter Form. So konnte Dörflinger zwar nicht alle Gemeinden bereisen. Im Forum Seekirch hatten die vier Bürgermeister jedoch die Gelegenheit, ihre verschiedensten Anliegen zur Sprache zu bringen:
Mit Hilfe von Mitteln aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat die Gemeinde Tiefenbach zwei alte Gebäude in der Ortsmitte abreißen lassen und so Platz für Neues geschaffen: Direkt neben dem Rathaus soll hier ein Mehrzweckgebäude entstehen, stellte Bürgermeister Helmut Müller das Projekt vor. Hier könnte künftig nicht nur eine Tagesbetreuung für Senioren eingerichtet werden, die als Angebot auch den Nachbargemeinden offenstehen soll. Das Gebäude könnte auch Platz bieten für einen barrierefreien Sitzungssaal und nicht zuletzt für die Vereine. Denn sowohl der Musikverein als auch die Schalmeiengruppe seien bisher in beengten, unzureichenden Räumen untergebracht. „Ich möchte die Vereine nicht verlieren“, so Müller. „Sie sind die Taktgeber im kulturellen Leben der Gemeinde und wichtig, um überhaupt dörfliches Leben aufrecht erhalten zu können.“
Die Baupläne dafür sind weit gediehen: Das zweigeschossige Gebäude mit einer Nutzfläche von 400 Quadratmetern beinhalte neben Gemeinschaftsräumen, WC-Anlage und begehbarer Dusche auch eine Tagesküche. Davon könne dann auch der benachbarte Kindergarten profitieren, führte Müller weiter aus. Denn auch in kleinen Gemeinden gehe die Tendenz bei der Kinderbetreuung klar in Richtung verlängerte Öffnungszeiten und über kurz oder lang auch Ganztagsbetreuung. Und dies schließe ebenfalls ein Mittagessen mit ein, erläuterte Müller seine Vision: „Ich möchte, dass sich Jung und Alt hier täglich begegnen.“
Mit dem Bau würde die Gemeinde lieber heute als morgen beginnen. Der Knackpunkt: die Kosten, die sich im Voranschlag auf 1,33 Millionen Euro belaufen. „Das wirft eine kleine Gemeinde wie Tiefenbach schlichtweg um“, räumte Müller ein, der hier dringend auf Unterstützung aus dem Ausgleichsstock, ELR oder Infrastrukturprogramm hofft.
Überhaupt sei die Zukunft des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum „ein Thema, das uns Bürgermeistern auf den Nägeln brennt“, wandte sich Müller an Dörflinger. Der Landtagsabgeordnete, der sich von dem Tiefenbacher Projekt schwer beeindruckt zeigte, hatte hier aber eine „gute Nachricht“ mitgebracht: Trotz Corona-Krise streiche das Land keine ELR-Mittel. „Drei Milliarden Euro machen wir Schulden, damit die Kommunen weiterhin Maßnahmen umsetzen können.“ Allerdings: „Ich habe keinen Geldkoffer dabei, keinen Scheck, den ich Ihnen ausstellen könnte. Aber meine politische Unterstützung soll gewiss sein.“
Auch für eine, so Dörflinger, „sehr, sehr pfiffige Idee“ aus Alleshausen, die Bürgermeister Klaus Ulmschneider zuvor vorgestellt hatte: Zwei Privatpersonen wollen einen rund um die Uhr geöffneten Verkaufsraum gleich neben der Federseebank einrichten. „Für die Grundversorgung im Dorf ist das eine gute Sache“, ist Ulmschneider überzeugt. Zudem sollen Anteilsscheine an die Bürger ausgegeben werden, die zu einer „hohen Identifikation“ beitragen dürften. Auch bei diesem Projekt setzt die Gemeinde auf Fördermittel aus dem ELR-Programm.
Derartige Förderprogramm seien gerade für kleine Kommunen unerlässlich, werde der finanzielle Spielraum doch immer enger, waren sich die Bürgermeister einig. Beispiel: Kinderbetreuung. Die Ansprüche der Eltern an die Gemeinden stiegen und mit dem Angebot wachse der Personalschlüssel. „Die laufenden Kosten werden immer größer“, klagte Oggelshausens Bürgermeister Ralf Kriz. „Die Folge ist, dass immer weniger Invest möglich ist.“ Dass nun über die Abschaffung der Kita-Gebühren diskutiert werde, sei aus der Perspektive der Kommunen eine „unsägliche Sache“. „Da gebe ich Ihnen absolut Recht“, stimmte auch Dörflinger zu. Das Land wisse aber um die Notwendigkeit, Städte und Gemeinden zu unterstützen: So habe sich der Landeszuschuss für die U3-Betreuung in den vergangenen fünf Jahren auf 1,08 Milliarden Euro verdoppelt. Dörflinger: „Nächstes Jahr werden es 1,16 Milliarden Euro sein.“ Und verdoppelt habe sich in diesem Zeitraum auch die Kindergartenförderung auf rund eine Milliarde Euro. „Das sind zusammen eine Milliarde mehr, die zur Verfügung gestellt werden“, rechnete der Landtagsabgeordnete vor.
Für die Gemeinden ist Kindergartenbetreuung auch ein Standortfaktor, wenn es um den Verkauf von Bauplätzen geht. Die Nachfrage danach ist groß, gerade für die Federseegemeinden mit ihrer Nähe zu Biberach. Da die Bauplatzpreise im „Speckgürtel“ steigen, zieht es Bauwillige zunehmend in die Peripherie. Gleichzeitig wollen die Federseegemeinden aber auch dem eigenen Nachwuchs ermöglichen, im Dorf zu bauen und eine Familie zu gründen. Hilfreich sei hier das beschleunigte Erschließungsverfahren nach dem Baugesetzbuch Paragraf 13b gewesen, das alle vier Gemeinden angewandt hätten, so Seekirchs Bürgermeister Stefan Koch, der Dörflinger anregte, sich für eine Verlängerung stark zu machen. Und auch die Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Gemeindeverwaltungsverband empfinden die Federseegemeinden als viel zu bürokratisch. Dies bremse gerade Gewerbeansiedlungen, sagte Koch: „Wenn ein Gewerbetreibender eine Anfrage stellt, will er doch loslegen.“
Wie aktiv das Gewerbeleben in den kleinen Gemeinden ist, davon konnte sich Dörflinger im Anschluss bei der Besichtigung der Firmen Eloda und Kaiser in Seekirch und beim „Grillmeister Rauscher“ in Tiefenbach überzeugen. Auch ein Besuch des Tiefenbacher Jugendtreffs Ventilbar stand auf dem Programm.