Schienen in die Zukunft - 25.7.19
Die Verkehrsminister der Südschiene bekennen sich zur Regio-S-Bahn - Das Mega-Projekt wird nur wenig konkreter
Von Sebastian Mayr
Ulm -.Die Durchsagen an den Bahngleisen passen ins Bild. Für die Regio-S-Bahn Donau-Iller gilt das gleiche wie für drei der Züge, die am frühen Dienstagabend im Ulmer Hauptbahnhof erwartet werden. Sie kommt sehr wahrscheinlich, aber eben nicht sofort. Ende des Jahres soll eine Nutzen-Kosten-Analyse in Auftrag gegeben werden: Wie viele Pendler würden die Regio-S-Bahn nutzen? Welchen Effekt hätte sie auf den Kohlendioxid-Ausstoß? Wie würden sich die Unfallzahlen auf den Straßen verändern? Noch ist vieles unklar. Doch was vage klingt, ist ein wichtiger Schritt für das Mega-Verkehrsprojekt, das viele Millionen Euro kosten dürfte.
Wann genau die Analyse beginnt, wie viel sie kosten wird und was genau überhaupt geprüft werden soll, steht noch nicht fest. Deswegen ist auch noch offen, wann ein Ergebnis vorliegt. Zeigt es, dass der Nutzen größer ist als die Kosten, dann kann die Regio-S-Bahn eine Förderung vom Bund erhalten. Wenn nicht, muss neu justiert und geplant werden. Dann würde das Streckennetz wohl kleiner ausfallen, vielleicht würden gewünschte neue Haltepunkte gestrichen. Und vor allem: Der Prozess würde sich verzögern.
Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch verkündete am Dienstagabend ehrgeizige Ziele: „Wir wollen nächsten Jahr den Antrag stellen.“ Oliver Dümmler, der Geschäftsführer des Vereins Regio-S-Bahn Donau-Iller, ist da vorsichtiger: Es werde wohl zwei Jahre dauern, bis die Ergebnisse vorliegen. Bis dahin soll es immer wieder kleinere Verbesserungen gegeben. „Die Leute müssen merken, dass etwas vorangeht“, betonte Czisch. Wie das konkret aussehen soll, ist offen.
Anteilige Finanzierung
Über die Bedeutung der Regio-S-Bahn sind sich Politiker aus Ländern, Kreisen und Kommunen einig. Die Schiene sei elementar wichtig für die Mobilität der Zukunft - und die Regio-S-Bahn Donau-Iller verbinde eine halbe Million Menschen miteinander, sagte Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenberger. Für den nächsten Schritt haben die Regierungen von Bayern und Baden-Württemberg in ihrer gemeinsamen Sitzung in Meersburg am Bodensee finanzielle Unterstützung beschlossen. Sie wollen die Nutzen-Kosten-Analyse des Nahverkehrsprojekts zu jeweils einem Sechstel mitbezahlen. Den Rest übernimmt der Verein Regio-S-Bahn Donau-Iller, dem die Städte Ulm, Neu-Ulm und Memmingen, sowie die Landkreise Neu-Ulm, Alb-Donau, Günzburg, Unterallgäu, Biberach und Heidenheim angehören.
In Baden-Württemberg sei eine solche finanzielle Untersuchung unüblich, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei einem Pressetermin am Ulmer Hauptbahnhof am Dienstagabend. Aber: „Es ist schon ein besonderes Projekt.“ Die Entscheidung der beiden Regierungen sei ein Bekenntnis dazu. Sein bayerischer Amtskollege Hans Reichhart (CSU) sprach von einem Projekt, das die Menschen zusammenbringt. „Ich bin recht zuversichtlich, dass wir bei den Berechnungen etwas Vernünftiges hinbekommen“, sagte er.
Die Regio-S-Bahn soll sechs Landkreise und die Städte Ulm und Memmingen miteinander verbinden. Auf baden-württembergischer Seite dürfte der dafür nötige Ausbau nach Angaben von Minister Hermann rund 90 Millionen Euro kosten, auf bayerischer Seite muss noch deutlich mehr Geld investiert werden, weil beispielsweise die Illertalbahn Ulm-Memmingen elektrifiziert und ausgebaut werden muss.
Ausgebaut werden müssen Experten zufolge auch die Brenzbahn (Ulm-Aalen), die Donautalbahn (Ulm-Riedlingen) und die Südbahn (Ulm-Aulendorf).
30- oder 60-Minuten-Takt
Als einer der Knackpunkte gilt der Ausbau des Bahnhofs Senden samt elektronischem Stellwerk. Zudem soll es einige neue Bahnhalte geben. Alle Züge sollen im 30- oder 60-Minuten-Takt verkehren.
Läuft alles nach Plan, könnte das Regio-S-Bahn-Netz in rund zehn Jahren fertiggestellt sein. Voraussetzung für all diese Pläne ist Fördergeld vom Bund. Doch das gibt es nur, wenn die Berechnung der Nutzen-Kosten-Analyse zu einem positiven Ergebnis kommt.
Rivoir spricht lieber von „Schwaben-S-Bahn
mö - Reaktionen: Erfreut zeigt sich der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir über die Vereinbarung, die Bayern und Baden-Württemberg nun zur Region-S-Bahn Donau-Iller getroffen haben. „Dieses Projekt ist entscheidend für das Zusammenwachsen der Region und eine logische Ergänzung des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. Durch die geplante S-Bahn hat die gesamte Region Vorteile, auch wird der Wohnungsmarkt im Oberzentrum entlastet.“ so Rivoir.
Rivoir regt erneut an, den bürokratischen Begriff Donau-Iller durch den identitätsstiftenden Begriff „Schwaben-S-Bahn“ zu ersetzen. Damit könne man im gesamten Bereich dieser S-Bahn etwas anfangen. Auf Ulmer Territorium sollte zeitnah untersucht werden, ob sich ein Bahnhalt in Einsingen und Jungingen umsetzen lassen. Diese sind bislang nur als Option angedacht, angesichts der erwarteten Entwicklung in der Region müssen diese ernsthaft geprüft werden.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Thomas Dörflinger, sagte: „Wenn den guten Worten jetzt auch gute Lösungen folgen, bin ich zufrieden. Die heutige Vereinbarung der beiden Länder Baden-Württemberg und Bayern ist ein wichtiges Signal für den Ausbau des länderübergreifenden Schienenverkehrs in der Region Donau-Iller. Neben einem verbesserten Zugangebot sind vor allem auch zusätzliche Bahnhalte notwendig - gerade im ländlichen Raum.“
Region Donau-Iller: Die Landkreise Neu-Ulm, Günzburg, Unterallgäu, Alb-Donau und Biberach sowie die Städte Ulm und Memmingen haben sich im Regionalverband Donau-Iller (RVDI) zusammengeschlossen. Ihre Idee: Es soll ein die gesamte Region umfassender Geltungsbereich für Tickets geschaffen werden - das ist eine Grundvoraussetzung für die Regio-S-Bahn Donau-Iller. (mö)