Landespolitiker von CDU und Grünen unterstützen Probebetrieb mit MTU-Powerpack auf dem Bahngleis - 4.10.18
Von Katy Cuko
Binnen weniger Tage haben Landtagsabgeordnete von CDU und Grünen der MTU politische Schützenhilfe versprochen, um deren Bahn-Hybridantrieb aufs Gleis zu bekommen. Am Freitag hatte Andreas Schwarz, Fraktionschef der Grünen, das Unternehmen in Friedrichshafen besucht. Am Dienstag war der Arbeitskreis Verkehr der CDU-Landtagsfraktion zu Gast und damit ein Teil des Landesverkehrsausschusses.
Bei den Gesprächen brachten die Abgeordneten beider Regierungsparteien einhellig zum Ausdruck, dass die von MTU entwickelte Hybridtechnologie für Züge in Baden-Württemberg zunächst im Probebetrieb getestet werden soll. Das Unternehmen will die umgerüsteten Triebwagen am liebsten direkt vor der Haustür auf der Bodenseegürtelbahn zum Einsatz bringen – als Übergangslösung bis zu Elektrifizierung der Strecke. "Die Strecke ist prädestiniert dafür", sagte Andreas Schwarz, der von seinem Fraktionskollegen vom Bodensee, Martin Hahn, begleitet wurde.
Testfahrten auf mehreren Strecken
Sowohl der Grünen-Fraktionschef als auch der CDU-Arbeitskreis Verkehr mit Thomas Dörflinger aus Biberach an der Spitze informierten sich beim MTU-Direktor für das Bahngeschäft, Jürgen Blassmann, über die Vorteile der Technologie, die inzwischen serienreif ist. MTU hat den Hybridantrieb auf dem Prüfstand auf verschiedenen Strecken getestet, nicht nur zwischen Friedrichshafen und Radolfzell, sondern zum Beispiel auch die Einfahrt in den Stuttgarter Bahnhof oder die Strecke von Tübingen über Sigmaringen bis Aulendorf. In jedem Fahrprofil ließen sich mit dem Hybrid-Powerpack alle Fahrpläne einhalten, sagte Blassmann. 15 000 Kilometer sei der Antrieb auch schon in einem Zug im Echtbetrieb erprobt worden.
75 Prozent weniger Lärm
Ein Hauptargument von MTU für die Umrüstung alter Triebwagen mit der neuen Technik ist die Einsparung von bis zu 25 Prozent Kraftstoff, was die Schadstoff-Emissionen in die Umwelt erheblich verringere. So würde der Ausstoß an CO2 bei einem Triebwagen des Typs VT 612, der auf der Interregio-Strecke der Gürtelbahn eingesetzt wird, um 132 Tonnen pro Jahr sinken. Rechne man diesen Wert auf alle 41 eingesetzten Fahrzeuge im Land hoch, kämen 5400 Tonnen weniger CO2 zusammen. Den Grünen-Fraktionschef überzeugte das Argument, dass 75 Prozent weniger Lärm für die Kunden auch ein starkes Argument für die Hybridzüge sei, denn diese fahren im Batteriebetrieb ohne Dieselabgase in den Bahnhof ein und wieder raus.
Andreas Schwarz will weitere Schritte mit Verkehrsminister ansprechen
Andreas Schwarz sicherte in dem Gespräch zu, mit dem Verkehrsminister des Landes und auch im Nahverkehrsausschuss weitere Schritte in Sachen Hybridtechnik für Züge anzusprechen. "Was in Baden-Württemberg entwickelt wurde, sollte auch hier zuerst zum Einsatz kommen." Die Bodenseegürtelbahn und auch andere Strecken werde man trotz der Elektrifizierungsoffensive des Landes nicht so schnell unter Strom bekommen, auch wenn das mittel- bis langfristig das Ziel bleibe.
Thomas Dörflinger: "Das hat uns heute hier wirklich überzeugt"
Nach dem zweistündigen Gespräch am Dienstagnachmittag, bei dem der Politiker-Abordnung das Hybridkonzept erstmals vorgestellt worden war, erklärte Thomas Dörflinger vom CDU-Arbeitskreis Verkehr: "Das hat uns heute hier wirklich überzeugt. Für uns ist das ein sehr gangbarer Weg." Man nehme das mit nach Stuttgart und werde das Thema "ins Verfahren bringen". Dörflinger sprach sich klar dafür aus, den Hybrid-Powerpack im Probebetrieb aufs Gleis zu bringen, so wie den Brennstoffzellenzug in der Ortenau. Welche Strecke dafür am besten geeignet sei, werde man sehen.
Aber: Technik könnte auch auf andere Strecke getestet werden
Deutlich wurde: Das könne, müsse aber nicht die Bodenseegürtelbahn sein, auch wenn die MTU diesen "Leuchtturm" sicher vor Ort platzieren möchte. Dafür müsste das Land ermöglichen, dass die Hybridtechnik bei der Bestellung von neuen Zügen ausgeschrieben werde. Bisher ordert Baden-Württemberg nur herkömmliche Dieseltriebwagen.
Problem: Zulassung steht noch aus
Ein weiterer Knackpunkt für die Hybridtechnologie ist das Thema Zulassung. Ohne Brief und Siegel vom Eisenbahnbundesamt dürfen Züge nicht umgerüstet werden. Nach Aussage von Jürgen Blassmann dürfte dieses Verfahren für den Neigetechnik-Zug VT 612 "knackig" werden. Die Triebwagen sind etwa 20 Jahre im Betrieb. Das Verkehrsministerium tut sich offensichtlich schwer, hier Millionen in die Modernisierung der Technik zu investieren. Doch aus Sicht von MTU wäre das gerade hier sehr effizient, zumal es die einzige Typreihe sei, die noch mit Neigetechnik und damit auch auf der kurvenreichen Bodenseegürtelbahn schnell fahren könne.