Der Friede ist kein Selbstläufer - 22.1.18
Krieger- und Soldatenkameradschaft Uttenweiler feiert Bastianitag mit Stil und Thomas Dörflinger
Von Kurt Zieger
Uttenweiler - "Seit 1846 wird in Uttenweiler jedes Jahr am Namenstag des heiligen Sebastian durch die Krieger- und Soldatengemeinschaft der Kriegergedächtnistag mit Stil, Format und Würde gefeiert", das hat Bürgermeister Werner Binder in der Festhalle Uttenweiler betont. Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Simon und Judas, Gedächtnis am Ehrenmal und die gemeinsame Feier mit Uttenweiler Vereinen und Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger als Gastredner bildeten die Eckpunkte des harmonisch verlaufenen Tages.
Diese "echte und gelebte Tradition" im Sinne der Erinnerungskultur wertete Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger als bedeutsames Friedenszeichen in unserer schnelllebigen Zeit. Vor einem Kriegerdenkmal würden anonyme Schicksale mit Namen aus dem eigenen Ort verknüpft. Dabei seien oft Worte wie Krieg, Frieden und Sicherheit in einem Atemzug zu hören.
Mit keinem anderen Wort wie "Sicherheit" werde gerade so viel Politik gemacht, stellte Dörflinger fest. Die Mehrheit der Deutschen blicken optimistisch in das Jahr 2018. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien so gut wie nie, die aktuellen Sorgen der Bürger jedoch beträfen die innere Sicherheit und die gesellschaftlichen Entwicklungen. Besorgt sei man über die Entwicklung von Gewalt und Kriminalität, über Terroranschläge, extremistische Tendenzen und einen wachsenden Einfluss des Islam in Deutschland.
Im Blick auf sein Thema "Baden-Württemberg ist sicher! - Garantiert?" betonte der Redner, dass Baden-Württemberg die niedrigste Kriminalitätsrate in Deutschland habe, dass Diebstahlsdelikte und Wohnungseinbrüche zurückgegangen seien und dennoch Erich Kästners Lebensweisheit gilt: "Leben ist immer lebensgefährlich." Obwohl es hierzulande das modernste Polizeigesetz in Deutschland gebe und mehr junge Polizisten ausgebildet würden als Ausbildungsstätten vorhanden seien, obwohl Polizei, Feuerwehr und sanitäre Rettungsdienste ihren Kopf hinhielten, wo andere ihn einziehen, breche der Virus des Krieges immer wieder aus: "Er steckt in jedem Menschen und ist rund um den Globus präsent." Vor dem Krieg sei oft die Rede von heroischen Taten, nach dem Krieg bleibe der Eindruck von Dresden, von Stalingrad, vom Vater, der nicht mehr heimkomme, von der Mutter, die das Hungern nicht überlebt habe und von dem Kind, das im Luftschutzkeller erstickt sei. "Kein Krieg ist gerecht", betonte Dörflinger, doch Frieden in unserem Land sei zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Daher gehöre zum Frieden manches mal mehr Mut als zum Krieg, auch mit harten Kompromissen. Die Grundhaltung jedes Menschen müsse lauten: "Wenn keiner den Frieden will, ich will ihn."
Begonnen hat der Tag mit der Aufstellung der Vereine im Schlosshof. Unter klingendem Spiel der Musikkapelle mit Konrad Schuhbauer zog man zur Pfarrkirche, wo Pater Tomy den Gottesdienst zelebrierte. Passend zu den Chorälen "Selig sind die Toten" oder "Gib mir die richtigen Worte" mit dem Gesangverein unter Ulrike Marquart gedachte der Priester nicht nur der Soldaten, die an Kriegsschauplätzen oder in Gefangenschaft ums Leben kamen, sondern auch der Opfer von Bombenangriffen in der Heimat. "Die Sehnsucht nach Frieden ist so alt wie die Menschheit", betonte er; es gelte, Frieden zu schaffen und ihn zu erhalten.
Frieden - "ein hohes Privileg"
Bei der Gedächtnisfeier vor dem Ehrenmal auf dem Friedhof erinnerte Rudolf Reiter mit einem Prolog von Annegret Kronenberg an das Leiden und die Umstände der Kriegsjahre an vielen Orten. Bürgermeister Werner Binder richtete nach 73 Jahren Frieden und Freiheit den Blick zurück zu Konrad Adenauer und seiner Hoffnung, dass mit Deutschland die Vereinigten Staaten von Europa mit den Segnungen eines dauernden Friedens geschaffen würden. "Frieden und Freiheit sind ein hohes Privileg, das als Mahnung für unser jetziges und zukünftiges Handeln gelten muss", hob Binder hervor. Mancher europäische Staatsführer sehe Europa nicht als Friedensbringer, sondern nur noch aus wirtschaftlicher Sicht als Vorteilsbringer. Dies sei falsch. Jeder Einzelne sei aufgefordert, seinen Beitrag zu leisten für ein friedvolles und soziales Miteinander in Achtung und Toleranz vor seinen Mitmenschen. Der Bürgermeister dankte den aktuell 3500 deutschen Soldaten für ihren ausländischen Einsatz und gedachte in Ehrfurcht der Toten der beiden Weltkriege und der Opfer weltweiter Gewaltherrschaft, musikalisch ausgedrückt durch Silchers "Ich hatt einen Kameraden" mit der Musikkapelle.
In der Feier in der Festhalle galten Gruß und Dank des Vorsitzenden Alois Steiner vor allem Bürgermeister Werner Binder, dem Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger und Pater Tomy sowie dem Musik- und dem Gesangverein. "Blumen welken, Kerzen verglühen, doch vergiss nie, danke zu sagen", sagte er. Als Zeichen der Verbundenheit über die Gräber hinaus sei es wichtig, den traditionellen Kriegergedächtnistag an Bastiani nicht nur mit einem Totengedenken aufrecht zu erhalten. "Die heutige Generation trägt keine Schuld am Geschehenen," unterstrich Steiner, "doch mit einem respektvollen Umgang untereinander müsste es gelingen, Gegenwart und Zukunft friedlich zu gestalten". Neben Beiträgen des Musikvereins passten dazu Verdis "Gefangenenchor" und wiederum "Ich hatt einen Kameraden", diesesmal mit dem Gesangverein, sowie als Abschluss gesungen die Nationalhymne.