Essensbringdienst wird ausgebremst - 23.5.23

Seniorengenossenschaft beklagt hohe Abgabenlast - Abgeordneter sichert Hilfe zu

Der Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger verschaffte sich bei einem Schnupperpraktikum einen Einblick in die Abläufe des Essensbringdienstes der Seniorengenossenschaft Riedlingen. (Foto: Joachim Reis)

Von Berthold Rueß

Riedlingen

Die Seniorengenossenschaft Riedlingen hat sich in ihrer 32-jährigen Geschichte von einem Vorreiter zu einem Erfolgsmodell bürgerschaftlicher Selbsthilfe entwickelt. Ziel ist die Bereitstellung von Hilfen, damit Menschen solange als möglich eigenständig leben können. Der Essensbringdienst ist dabei ein wichtiger Baustein. Davon konnte sich der Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger (CDU) bei einem „Schnupperpraktikum“ ein Bild machen. Dabei bekam er auch die Nöte der Verantwortlichen zu hören: Diese Leistung sei in Gefahr, weil sie steuerlich und sozialversicherungsrechtlich nicht mehr als begünstigt eingestuft und im Prinzip einem gewerblichen Lieferdienst gleichgestellt wird.

Einen ganzen Vormittag hatte sich der Abgeordnete Zeit genommen, um den Essensbringdienst zu begleiten, angefangen in der Küche des Kooperationspartners Konrad-Manopp-Stift, wo das Essen zubereitet, abgefüllt und in Transportboxen bereitgestellt wird. Mit Alfred Jäggle, einem von derzeit 17 Fahrerinnen und Fahrern, ging es anschließend auf Tour durch Riedlingen mit dem Stadtteil Klinge, nach Daugendorf, Bechingen, Zwiefaltendorf, Emeringen, Unlingen und in die Eichenau, wo die hungrigen Adressaten schon auf ihr Mittagessen warteten. Manche bekommen auch Sonderkost, etwa Diabetiker, bei Bedarf gibt es die Mahlzeit püriert.

„Ich bin in viele Haushalte gekommen und habe gesehen, wie wichtig das ist“, berichtete Dörflinger anschließend über die „notwendige Versorgungsleistung und große Hilfe im Alter“. Sie werde durchaus nicht aus Bequemlichkeit in Anspruch genommen, betont Vorstand Joachim Reis. Es handle sich um eine Unterstützung von meist älteren Menschen, die noch in ihrer gewohnten Umgebung leben, sich aber nicht mehr selbst versorgen können: „Sie müssten sonst ins Heim.“ Die Kundschaft sei vornehmlich im Alter „von 80 aufwärts, Richtung 95“, viele noch recht rüstig. Die Jüngsten sind Jahrgang 1950. 90 Prozent sind über 75 oder haben ein dauerhaftes Gebrechen.

Von einem „unverzichtbaren Dienst“ spricht auch Ramona Karg von der Seniorengenossenschaft. Für die Betroffenen sei es ein Stück Lebensqualität, gebe Sicherheit und Wohlbefinden, den Angehörigen zudem ein beruhigendes Gefühl. Es geht nicht allein um die Versorgung, sondern auch um den Kontakt und um die soziale Kontrolle. Die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer, betont Reis, seien mit Herzblut dabei und genießen volles Vertrauen. Sie sind mit Wohnungsschlüsseln ausgestattet, um sich notfalls Zugang verschaffen zu können, falls nicht geöffnet wird.

„Was die Seniorengenossenschaft hier leistet, könnte durchaus als häusliche Betreuung angesehen werden“, sagt Joachim Reis. Sein Fahrpersonal, meist Rentner, könnte der Vorstand für den Essensbringdienst weiterhin so vergüten wie beispielsweise die Sportvereine ihre Übungsleiter. Über zwei Jahrzehnte hinweg habe das auch funktioniert. Die Aufwandsentschädigung wurde bisher steuerrechtlich als begünstigte Tätigkeit eingestuft. Nunmehr vertritt die Sozialversicherungsbehörde jedoch die Ansicht, es handle sich um keine nebenberufliche Tätigkeit, die von der gesetzlichen Voraussetzung zur Steuer- und Beitragsfreiheit erfasst werde. Sie bezieht sich auf die Richtlinie des Einkommenssteuergesetzes, wonach Entschädigungen für Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und Betreuer bis zu einem Betrag von 2400 Euro jährlich (künftig 3000 Euro) befreit sind.

Das hat für die Seniorengenossenschaft gravierende Auswirkungen. Nach einer Prüfung für die Jahre 2015 bis 2018 war eine Nachzahlung von 20.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge fällig. Dem sei man nachgekommen, „um nicht Zinsen zu zahlen“, berichtet Reis. Damit nicht genug: Für die Jahre 2018 bis 2021 werde weiter geprüft. Reis' Prognose geht von einer weiteren Nachzahlung von mindestens 50.000 Euro aus. Werde die Sozialversicherungsfreiheit weiterhin nicht anerkannt, liege der kalkulatorische Mehraufwand für einen 520-Euro-Job gegenüber der Übungsleiterpauschale, bezogen auf die 2022 geleisteten 3911 Stunden, bei fast 25.000 Euro. Das sind zwei Drittel mehr pro Stunde für bürgerschaftliches Engagement, was auf den Arbeitnehmer übertragen werden muss. Die Seniorengenossenschaft hat deswegen Widerspruch eingelegt und Klage eingereicht. Zur Sicherheit wurde zum 1. März eine Vorsorgepauschale von 91 Cent für Rücklagen eingeführt. Die Konsequenz ist laut Reis eine gesamtwirtschaftliche Herausforderung für die Seniorengenossenschaft - und höhere Preise.

Die Seniorengenossenschaft wolle nicht benachteiligt sein im Vergleich beispielsweise zu Sportvereinen. Thomas Dörflinger teilte die Sichtweise der Seniorengenossenschaft und sicherte seine Hilfe zu. Er werde sich in der Angelegenheit direkt an den Finanzminister des Landes wenden. Außerdem empfahl der Abgeordnete, den Austausch und Schulterschluss mit anderen Anbietern zu suchen.

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© Schwäbische Zeitung, Ausgabe Riedlingen vom 23.5.23

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